Über uns
Ein Interview mit Eo & Michael: Zwei Menschen, ein Bus, viele Geschichten

01. Mai, Elmali, Türkei Seit über drei Wochen sind Eo und Michael mit ihrem 38 Jahre alten VW Bus auf großer Reise – von Deutschland bis nach Georgien. Der Weg führte sie über Italien, Albanien, Nordmazedonien und Griechenland bis in die Türkei, wo wir sie auf einem kleinen Campingplatz erwischen – mit dem Duft von Mokka in der Luft und einem Hauch Abenteuer im Gepäck. Wir haben mit den beiden über Leben im Bus, sprachliche Stolpersteine und die Kunst des langsamen Reisens gesprochen.
CH: Fangen wir ganz von vorne an: Wer seid ihr eigentlich – einzeln betrachtet und als Team?
Eo: Ich bin ein sehr reisefreudiger Mensch. Ich brauche Abwechslung und kann nicht gut lange an einem Ort verweilen. Ich mag es auch sehr, neue Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen kennenzulernen. Ich lerne gerne andere Sprachen. Ich bin auch gerne zuhause, mag die Menschen, mit denen ich es dort zu tun habe sehr, muss nach einer gewissen Zeit aber entweder umziehen oder verreisen. Leteres lässt sich dann doch leichte in die Tat umsetzen.
Michael: Seit jeher bin ich immer in festen Strukturen verankert, in der Schule, in der Ausbildung und im Beruf. Das Reisen stellte daher schon immer einen wunderbaren Kontrapunkt da. Abwechslung, Flexibilität, nicht vorhersehbare Momente. Ich liebe es, andere Menschen kennzulernen und mit ihnen unsere Erlebnisse zu teilen.

CH: Ihr habt den Bus seit 18 Jahren – das ist fast eine Beziehung für sich. Wie kamt ihr zu ihm, und was hat sich in all den Jahren verändert?
Eo: Ich hatte im Jahr 2007 die Idee, wieder einen Bus anzuschaffen. Es sollte ein gemeinsames Hobby werden, nachdem unsere drei Kinder „aus dem Gröbsten“ raus waren. Wir hatten uns am Ende unserer Studienzeit einen alten T2 angeschafft, mit dem wir viele schöne Reisen gemacht haben. Daran wollte ich wieder anknüpfen.
Michael: Ich wollte ein Reisegefährt, dass sich von anderen abhebt. Es durfte klein sein, sollte aber schon eine gewisse Abenteuerlust versprechen. Daher kam mir der T3 Syncro sehr gelegen. Wir haben bereits viel Zeit und auch Geld in den Bus gesteckt – es ist halt unser Hobby. Um unseren Bedürfnissen gerecht zu werden, haben wir auch mehrmals das „setting“ im Bus geändert. Das habe ich selbst gemacht. So musste ich niemandem erklären, was wir wollen.
CH: Was war der Auslöser, euch auf diese große Reise zu begeben? Und warum gerade jetzt?
Eo: Das Jahr 2025 haben wir schon vor fast drei Jahren ausgesucht. Wir dachten, es läge ganz am Anfang von Michaels Pensionszeit. Er ging dann doch schon früher in den Ruhestand, aber das ermöglichte eine langfristigere Planung.
Michael: Aufgrund meines Berufes waren wir bisher immer an eine „Maximalzeit“ von vier Wochen gebunden. Jetzt können wir uns endlich die Zeit nehmen, die wir brauchen und wollen. Es ist wunderbar, ohne einen festen Rückkehrtermin nach Hause zu kommen. Dabei ist es für mich fast schon unerheblich, ob wir vier, fünf oder sechs Monate unterwegs sein werden.
CH: Euer Blog heißt magernetz.de „Ziel Kaukasus“ – was steckt dahinter?
Eo: Na ja, diese Domain habe ich schon seit 1999. Wegen unseres Nachnamens und der damit verbundenen praktischen Emailadresse. Ich habe noch mehr Internetseiten, aber auf magernetz war gerade nichts los. Unser Reiseziel ist eigentlich Georgien, obwohl, wie wir jetzt merken, dass der Weg das eigentliche Ziel ist. „Ziel Kaukasus“ war der einzige Titel, der auf einem Mobiltelefonbrowser in eine Zeile passte.
Michael: Der Name erklärt sich von selbst. Ich finde es prima, auch andere, das heißt Familie und Freunde an unserer Reise teilhaben zu lassen. So entfallen auch die ständigen Fragen: „wo seid ihr gerade?“
CH: Wie ergänzt ihr euch unterwegs? Gibt es bestimmte Rollen, oder seid ihr ein organisch-chaotisches Team?
Eo: Wir sind überhaupt nicht chaotisch. Wir haben einen ziemlich festen Tagesablauf. Ich sorge dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Als routinierter Beifahrer überwache ich das Navi. Außerdem suche ich die Picknikplätze und Übernachtungsmöglichkeiten raus. Meistens finde ich sehr schöne Plätze. Das besprechen wir natürlich gemeinsam. Abends schreibe ich den Blogartikel mit den Erlebnissen des Tages. Ich mache auch die meisten Fotos, die ich abends internetfähig bearbeite, bevor ich sie auf dem Blog benutze. Außerdem plotte ich unsere Stationen auf „polarsteps“ mit. Das ist vorallem für eine spätere Dokumentation der Reise wichtig. Es gibt aber auch eine Reihe von Freunden, die dort die Reise mitverfolgen.

Michael: Ziemlich einfach! Ich fahre, kümmere mich um die Technik, kaufe ein und bin der Koch der Reisegruppe. Natürlich ergänzen wir uns gegenseitig. Wir besprechen die Tage, die Ziele und sogar das Abendessen. Es läuft tatsächlich sehr geordnet ab. In einem so kleinen Bus geht das auch nicht anders. Wir können nicht zu zweit am Herd stehen oder zu zweit aufräumen. Ein Quadratmeter Platz ist eben endlich.
CH: Was habt ihr auf der bisherigen Route über euch selbst gelernt? Und über einander?
Eo: Noch ist die Reise ja nicht vorbei und es sind auch noch nicht einmal vier Wochen rum. Ich kann jetzt schon sagen, dass ich gerne mit Michael und dem Bus unterwegs bin. Wir haben alles, was wir brauchen und können am Ende der Reise bestimmt wieder unser festes Haus und unsere Familie genießen. Die Reise wird ein wichtiger Meilenstein in unserem Leben werden.
Michael: Ich weiß, dass ich ein wunderbares Leben habe und dass ich priveligiert bin, in Deutschland geboren und aufgewachsen zu sein. Ich werde demütig, wenn ich die Größe der Welt kennenlernen darf und finde es schade, wenn viele Menschen diese Erfahrungen nich machen können. Wir, Eo und ich, sind ein gutes Team – und das schon sehr lange. Wir ergänzen uns prima, streiten auch ab und zu und haben unterschiedliche Meinungen. Aber das ist doch die Würze des Lebens. Das Ziel, dass wir haben, ist aber das gleiche…dazu später einmal mehr.
CH: Ihr lernt täglich Türkisch – das ist Commitment! Was motiviert euch, auch sprachlich einzutauchen?
Eo: Da wir vorher wussten, dass wir längere Zeit in der Türkei verbringen würden, haben wir im Januar beschlossen, mithilfe einer App ein wenig die Sprache zu lernen – nicht nur danke, bitte, guten Tag. Wir haben schon früher die Erfahrung gemacht, dass wir mit wenigen Worten große Freude bei den Einheimischen auslösen können.
Michael: Auf unseren bisherigen Reisen haben wir, wie viele auch schon vor uns, erfahren, dass Sprache die Herzen der Menschen öffnet. Englisch und Italienisch, sowie Eo zusätzlich französisch, können wir schon. Da diesmal ein besonderer Schwerpunkt unserer Reise auf der Türkei liegt, haben wir einfach angefangen, türkisch zu lernen. In den bisher zwei Tagen in der Türkei haben wir schon richtig prima kommunizieren können. Etwas mehr als nur Danke, Bitte und Guten Tag.
CH: Beschreibt euren Bus in drei Worten – und dann euch selbst in drei.
Eo: mein Bus, mein Bett, meine Höhle ; Ich: neugierig, vorwitzig, bequem
Michael: Bus: Quadratisch (fast), praktisch, gut! Der Werbeslogan passt ganz gut auf unseren Bus. Er ist flexibel, er bietet uns genügend Platz im Innenraum und ganz wichtig, wir kommen mit ihm durch fast alle Straßen und Wege. Selbst in der kleinsten Innenstadt kommen wir gerade so noch durch. Das wäre mit einem Kastenwagen nicht möglich. Allerdings muss man sich schon mögen, auf so kleinem Raum. Besonders wenn es draußen windet und regnet. Zwei Sitzplätze, ein Quadratmeter Bewegungsraum und ein Bett (184 x 160 cm) – das ist wirklich nicht viel Platz.
Ich: Noch nicht ganz so gelassen, wie ich es gerne hätte, bald schon so richitg lebenslustig, freudig gespannt auf das was vor uns liegt,
CH: Was macht ihr eigentlich so an den langen Abenden, wenn es draußen dunkel, kalt und windig ist und es drinnen keinen Fernseher gibt?
Eo: Auch das haben wir auf unseren anderen Reisen schon gut geübt. Wir haben Hörbücher dabei, die wir gemeinsam anhören. Wir spielen zusammen, z.B. Würfelspiele oder Karten. Wir lesen viel. Beim Hörbuch hören, male ich gerne. Manchmal, wenn ich denke, dass ich niemanden störe, spiele ich auch gerne auf meiner Altblockflöte.

Michael: Nach dem Abendessen, der Türkischlektion und dem Reiseberichtschreiben bleibt gar nicht mehr so viel Zeit übrig. Manchmal machen wir auch einen kleinen Abendspaziergang und beobachten die Sterne.
CH: Und zum Schluss: Was bedeutet „Zuhause“ für euch nach all den Kilometern?
Eo: Da ich eigentlich zu den genetisch nicht sesshaften Menschen gehöre – ja, ich glaube, das habe ich in meiner DNA – bin ich immer da zuhause, wo ich gerade bin und es mir gut geht: „ibi bene, ibi patria!“ Und ganz wichtig: ich muss immer etwas zu Lesen dabei haben.
Michael: Ich bin erstaunt, wie wenig mir nach vier Wochen und 3.500 km mein „wirkliches“ Zuhause fehlt. Vielleicht ist mein Zuhause dort, wo ich mit Eo bin. Da ist es fast egal, wie das „drumherum“ aussieht. Natürlich vermisse ich meine Kinder, meine Familie (Mutter, Büder), unser Haus und meine Werkstatt… Ein wenig zwiespältig, oder?
Dieses Interview hat die Journalistin „Chatty“ mit uns geführt. Die Fragen sind KI, die Antworten ganz persönlich und ehrlich von uns. Ohne Hilfe. Habt ihr noch Fragen, die hier nicht gestellt wurden?